Das Kulturmagzin | Luzern, Schweiz, Dezember 2008,

Der kulinarische Blick der Welt auf die Schweiz ist erbarmungslos. Alle Produkte, auf die wir so stolz sind, werden von echten Gourmets nur belächelt. Schweizer Schokolade? Pipifax! Ausser der Kuvertüre von Felchlin hat die Schoggi keine Chance im Vergleich zur belgischen oder französischen Schokolade. Schweizer Käse? Etwas für Langweiler! Tilsiter auf einem anständigen Käseteller im Sternerestaurant? Unmöglich! Mit Schweizer Käse kann man bestenfalls Fondue schmelzen oder Raclette braten. Nur in der Schweiz sind diese unsäglichen Käseplatten möglich, die man für die Betriebsfeier anliefern lässt. Die Möckli sind mit Plastikschildchen bestückt, damit jeder merkt, dass es verschiedene Käse sind, die aber alle gleich langweilig schmecken. Ausser dem „Stanser Fladen“ und der „Belper Knolle“ hat die Schweizer Käsewelt in den letzten Jahren nichts bedeutendes hervorgebracht. Der Schweizer Käse ist erledigt! Der wahre Käseliebhaber hält sich am französichen Fromage schadlos oder vergnügt sich mit wilden Italienern wie Castelmagno, Bettelmatt oder Bitto. Aber bloss keinen Mozzarella! Der könnte eine Schweizer Erfindung sein.

Aber noch schlimmer als die Schweizer hat es unsere östlichen Nachbarn erwischt. Wer hat schon einmal österreichischen Graukäse probiert? Das ist die Strafe für die Erfindung des Walzers, der Mozartkugel und der Sachertorte. Graukäse erinnert daran, dass der Käse seinen Ursprung in einem zentralasiatischen Schafsmagen hat. Sein Weg nach Westen führte über den Olmützer Quargel, den Zillertaler Zieger und den Toggenburger Ploderkäse durch die schweizerische Neutralität in den französischen Käsehimmel.

Ein paar Hartnäckige geben den Schweizer Käse aber noch nicht auf. Andrzej Koch zum Beispiel ist der Käsebotschafter in Österreich. Der ehemalige Sedelbarbetreiber ist seit zwei Jahren Käsehändler in Wien. Jeden Freitag und Samstag macht er auf dem Karmelitenmarkt im 2. Bezirk die Habsburger mit eidgenössischen Käselaibern glücklich. Die holt er selber alle vier Wochen direkt beim Produzenten: den Biosphärenbergkäse bei Xaver Suter , den Stanser Fladen in der Molkerei Barmettler in Stans. Andrzej Koch's Vision ist eine „Käsestrasse“ nach Osten, über München und Salzburg nach Wien. Zwischendurch teilt er mit gastronomischen Wegelagerern seine Beute und rettet nebenbei den Ruf des Bergkäses. Eine feine Einrichtung, diese Käsestrasse, solange sie eine Einbahnstrasse bleibt und uns nicht den Graukäse ins Land bringt.

Andrzej Koch will den Wienern bald auch den Sbrinz schmackhaft machen. „Sbrinz ist vollfett! Eigentlich wollten die Italiener den Sbrinz kopieren und das ist ihnen misslungen. Rausgekommen ist dabei der Parmesan.“ Da stellt sich doch die Frage: Was wollten die Italiener kopieren, was dann zum Mozzarella wurde?